In einem Verhandlungsseminar in der letzten Woche habe ich eindrucksvoll erlebt, was es bedeutet von eigenen Verhandlungsgrenzen überzeugt zu sein: Ein eher vorsichtig wirkender Vertriebler musste mit einem Kunden über einen Nachtrag verhandeln - eine echte Situation, die er ins Seminar mitgebracht hatte. Der Kunde war zwar eindeutig im Unrecht, erwartete aber ein sehr kulantes Entgegenkommen des Lieferanten. Für die Verhandlungsübung hatten wir besprochen, dass er versuchen solle den Kunden mit einem geringen Nachlass zufrieden zu stellen.
Zu Beginn des (Telefon-)Gesprächs hatte der Verkäufer dieses Ziel noch nicht verinnerlicht. Er drückte sich unsicher aus, nutzte viele Weichmacher und seine Stimme hatte keine Kraft. Der Kunde meldete später zurück, er habe sich in dieser Phase der Übung sicher gefühlt zu gewinnen.
Im Laufe des Gesprächs erinnerte sich der Vertriebler aber an die selbst gesetzten Ziele. Er beschloss innerlich nicht nachzugeben. Der Unterschied war gravierend: Die Sprache wurde klarer und die Stimme fester, obwohl er gar nicht lauter sprach. Dem Kunden wurde unmittelbar klar: jetzt habe ich keine Chance mehr, ich muss das nehmen, was er mir angeboten hat. Die überraschendste Rückmeldung war aber: "Er hätte in dieser Phase fast nichts mehr sagen müssen. Ich habe gespürt, dass er sich jetzt sicher ist."
Diese Übung vermittelte eindrucksvoll, was ich meinen Teilnehmern immer wieder sage: Verhandlungsgrenzen finden hauptsächlich im Kopf statt.
Und - mal ganz ehrlich - manchmal vergesse ich das auch. Nämlich genau dann, wenn ich einen Auftrag unbedingt haben will. In meinem Kopf geht dann eine innere Verhandlung los und das spürt auch der Kunde. Mit meiner eigenen Unklarheit lade ich Kunden geradezu ein nach einem Preisnachlass zu fragen.
Für solche Situationen habe ich mir aber einen Satz angewöhnt, den ich auch dann sicher herausbringe, wenn ich innerlich hin und her gerissen bin: "Meine Honorare sind nicht verhandelbar!" Nachdem ich diesen Satz gesagt habe, bin ich selber wieder auf "Kurs". Ich verhandle dann gerne über den Umfang des Auftrags oder die Arbeitsteilung. In der Regel finden wir einen Deal, der für beide stimmt. Doch mein Tageshonorar ist gesichert!
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